Kaufhäuser

Kaufhäuser 1.

Zero Zobiak, der Bub, glaubte immer, in Kaufhäusern könnte man sich einen Rausch antrinken. Im 4. Stock, wo die pappigen, rotbemalten, klobigen, drehbaren, hölzernen, clownigen, glasglatten, verschwärzten Puppppen standen, streifte er oft umher, der Liftboy hielt vergeblich die Hand auf und war vergeblich mürrisch, die Verkäuferinnen lächelte Zero erwachsen an, alles vergeblich aber. Die Krawattenmary im musikdurchdrehten Erdgeschoß hoffte, an Zero mit Kurzware zu verdienen, aber: Zero blieb Zero. Nie hatte er den Mut, nach der Wein- oder auch nur Lebens- und Genußmittelabteilung zu fragen. Detektive lauerten ihm auf, nie erwischten sie ihn bei Diebstählen, denn wenn er Büstenhalter und Lippenstifte stahl, war dies nur eine Ersatzhandlung für den unerhältlichen Rausch, und er stahl leidenschaftslos und unaufrichtig. Die Büstenhalter und Lippenstifte schenkte er seiner Schwester, die fragte ihn so schön, warum er immer schlechter aussähe und ob sie ihm vielleicht einmal rosige Wänglein schminken sollte. Einmal, als sie ihn im Traum belauschte, schnarchte er: »Rausch!«, und da wußte sie, wie wenig es geschlagen hatte. Mit der Schwesterlichkeit einer Schwester stellte sie nächsternacht eine farblose unetikettierte Flasche Zu den Teddybären an sein Bett, und instinktiv griff Zero Zobiak um zwei Uhr hin und trank aus. Dies ist kein Himbeersaft, sang er, die Schwester glühte vor Genugtuung, die Eltern wackelten in den Betten, die Schwester wurde zur Braut, und die Kaufhäuser gewöhnten sich Zero Zobiak ab.

Kaufhäuser 2.

Zerlärmt rolltreppt blechauf liftab Detektiv Gratisansprühung Kleinkugelschreiberhaufen Windtürwind Herrenkopftücher Damenrasierapparate Alle zum Telefon Stöckelsturz mit neugestohlenem Badeflakon Zerrt kindquer über schreiendes Blech Schallplattenwind Parfumsurren Aktentaschenleder juchtet Schulfreinasen Ventilatorhurrikan prospektet Neumöbelholzen Gratisknopflöcher Freundlichkeitswochenlippmund Gratiskalender Bälleknall Diebsspiegel Taschenkrimipfuhl Wundpflastervorführung im Nelkenphotodrom Hutschelefantenschilling schließt Nougatbegehrheulmaul Zehn Unauffällige spritzen Diebstinte Wühlfrauenstrudel perspektivisch näherheulend reißt Kindbein in Zerstör-Truhe Hals in Stoffzentimeterzentrifuge Aug schließt mit Stoffknäuel Stoffetzen brandknattern grüngelbrot durch die Blaugelbweiß Orange! Violila! Rosolett! Wühlfrauen reißen sich Strumpf von Krampfbein Mörder vielleichtwirft Glutzigarette in tausend Stockwerkliftpaniktote fenstaufwärts kassenausklirren klinglingeln Straßenlärm

Kaufhäuser 3.

In der Vergangenstadt vielleicht K? gab es, vielleicht hundert Meter vom vielleicht Paulsplatz, vielleicht trug J. damals einen beigedicken Kindermantel?, und vielleicht hatte man die vielleicht braune vielleicht Pauls-Kirche besichtigt?, vielleicht ein Delli-, vielleicht ein Fasso-Kaufhaus. Vielleicht war J. dort allein, vielleicht vierjährig, vielleicht kauflustig, vielleicht erschreckt, vielleicht zugleich mit einem vielleicht vierjährigen Mädchen vielleicht Vera hineingeraten, vielleicht an der vielleicht zuckerlpickigen Hand genommen vielleicht treppauf gerollt, vielleicht befragt wie er hieße vielleicht getröstet beschimpft und polizeilich abgegeben vielleicht von damaligen Thirties-Schlagern besprudelt vielleicht großes Rotes sehend vielleicht von einem vielleicht schwarzweißen Hund niedergewuchtet worden vielleicht sich das Tränensalz von den vielleicht kindsdicken Wangen schleckend vielleicht vom vielleicht nie prügelnden Vater ungeprügelt vielleicht mutterwarm vielleicht heimtrotzend vielleicht von Regenkot vielleicht brusthoch beschmutzt vielleicht in ein vielleicht vielstöckiges Hotel vielleicht mit klobigem Schlüsselnichtverlierer handbedrückt vielleicht gewaschen vielleicht ein vielleicht rot-blaues Holzhasenauto ersehnend vielleicht mit Träumen von vielleicht Vera vielleicht unfröstelnd eingeschlafen.