Eiske

Eiske.

Die spätnachmittäglichen Rückwände der Getreidefelder sind mattbraun, nur die bestrahlten Vorderfronten sind sonnengelb. Sie entschuldigt sich mittag beim Ausschütten einer Speise fachfremd. Morgens hoffnungsvolle Ankunft des 25jährigen J. mit der Bahn, blumiges Diensthäuschen an der Bahn, einige Signale zum Lacktrocknen ausgelegt. Einmal, sagt er voraus, werde ich Grottenolm von einem Schiff aus sehen. Eiske schaut mittags auf die Schiffe, denn Werkstudentinnen in Flußgasthäusern zählen immer die Schiffe. J. rückenschwimmt im hohen Vormittag, hat lange schon kein Mädchen angespritzt. Die Katze Flux kriegt nachmittag Johannisbeerwein, sie ist Eiskes Liebling. J.s Tanten separieren sich für einen Burgspaziergang, J. hält Eiske am Rock fest. Folterwerkzeuge gibts dort oben, sagt Tante Olga zu Tante Jane, hast du dich gut unterhalten? O ja, ein sehr nettes Fräulein, antwortet um 16.00 Uhr die spätverlobte Apothekerin vom Nachbartisch. Ein Motorboot muß den Kurs ändern, darf nicht unter die Schwimmenden. Eiske hat eine fast pockennarbige Gesichtshaut, ist aber merkwürdig sauber, und die Entstellung stört niemand. Der Restaurantgarten ist langrechteckig; ich werde alle Blumen aus den Kistchen brechen und dich damit zuschütten, sagt J. zu Eiske. Auch Segelflieger gibt es oben, Playboys, maskiert mit Aufwind, Turbulenz und Temperaturgradienten. Tu nichts Unüberlegtes, sagt Eiske, nach Margaret Mead ist Frigidität keine unnatürliche Möglichkeit der Frau; aber sie schmilzt ihn um 16.30 Uhr in sich, im unbenutzten Zuberraum der Waschküche; hat einen wundervollen Geruch. Nein, ich habe sie nicht beachtet, sagt Olga, und Jane stimmt ihr zu; ich kann dir nicht bestätigen, daß Eiske ein reizendes Mädchen ist. Sie studiert in Österreich Soziologie, sagt J.; alle studieren hier Soziologie. Um 19.30 Uhr geht J. mit der natürlichen Abstraktplastik einer weitausspreizenden Distel durch Stadtstraßen. Es ist immer noch sehr heiß. Ich werde heute oder nie die eigentliche Frau finden, sagt J. um 6.30 Uhr desselben Tages. Wir werden einander fortwährend schreiben und auch oft besuchen, sagt Eiske um 16.40 Uhr. Die Vorderwände der Getreidefelder werfen das Sonnenlicht zurück, die Rückwände aber sind mattbraun: Spätnachmittag nach Eiske, ohne Eiske, ohne Hoffnung auf Eiske.